Jahresbericht 2020, Nr. 11 - Festsetzung und Erhebung von Gebühren im Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau

- vermeidbare Haushaltsbelastungen wegen unterbliebener oder nicht vollständiger Gebührenerhebung -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die Landesregierung hatte 2013 zugesagt, Kosten für Beratungsleistungen der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR), die vorwiegend im Interesse einzelner Betriebe liegen, zu ermitteln und mit Gebühren zu belegen. Gleichwohl enthält die Landesverordnung über die Gebühren der landwirtschaftlichen Verwaltung hierfür bislang keine Gebührentatbestände.

Die DLR erhoben keine Gebühren für die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz, obwohl die vorgenannte Landesverordnung dies vorsah. Dadurch entgingen dem Land Einnahmen von 200.000 € jährlich.

Die Gebühren für Leistungen der Regulierungskammer Rheinland-Pfalz waren seit 2013 nicht mehr den gestiegenen Personal- und Sachkosten angepasst worden. Allein 2018 unterschritten die Gebühreneinnahmen die Kosten um 414.000 €.

Für die Gebühren, die das Landesamt für Geologie und Bergbau für bergrechtliche Entscheidungen erhebt, waren überwiegend Rahmensätze festgelegt. Das Landesamt schöpfte die Gebührenrahmen nur in sehr wenigen Fällen aus. Die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen der Amtshandlungen für die Gebührenschuldner blieben bei der Gebührenfestsetzung weitgehend unberücksichtigt.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 17/11850 S. 18):

"Zu Ziffer 3.2 a):
Die Landesregierung hat
- per Dienstanweisung für die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) festgelegt, dass die DLR keine Beratungsleistungen mehr zu erbringen haben, die vorwiegend im einzelbetrieblichen Interesse sind
sowie
- zur Deckung des weiterhin hohen Beratungsbedarfs der landwirtschaftlichen Betriebe über das mit EU-Mitteln finanzierte Förderprogramm EULLE die Förderung der betriebswirtschaftlichen Einzelberatung von landwirtschaftlichen Betrieben durch dritte Beratungsanbieter eingerichtet.

Zu Ziffer 3.2 b):
Zur Unterstützung einer nachhaltigen Land- und Weinwirtschaft, unabhängig von der Wirtschaftsform der Betriebe, ist eine produktionstechnische, betriebswirtschaftliche und Umwelt-Beratung unerlässlich. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die Anforderungen, die der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP) an die gesetzlichen Regelungen zum Pflanzenschutz stellt.

Ausgehend von diesen Eckpunkten ist es im Hinblick auf die Besonderheiten der rheinland-pfälzischen Agrarstruktur sinnvoll, flächendeckend kostenlose Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz durch die DLR als „Offizialberatungs-Institution“ bereitzustellen. Diese Fortbildungsmaßnahmen, die Wissenstransfer und Informationsmaßnahmen i. S. des Artikel 21 der EU-VO 702/20141 sind, tragen in erheblichem Umfang zur Erreichung der Prioritäten der EU zur Entwicklung des ländlichen Raums i. S. des Art. 5 der EU-VO 1305/20132 bei.

Bei einer Einführung von Gebühren für Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz bestünden folgende Nachteile:

- Vornehmlich wirtschaftlich starke Betriebe wären dazu bereit, zusätzliche Kosten für Fortbildungsmaßnahmen3 im Pflanzenschutz in Kauf zu nehmen.

- Um ein ausreichendes Interesse zur Teilnahme zu generieren müsste der Schwerpunkt der Fortbildungsmaßnahmen auf die ökonomischen Ziele der Betriebe gelegt werden. Außerökonomische Ziele, wie bspw. der Schutz von Gewässern oder der Natur würden kaum Berücksichtigung finden, da Betriebe nur geringfügig dazu bereit sind, für entsprechende Veranstaltungen personelle und monetäre Ressourcen zu verausgaben4.

Eine Gebührenerhebung würde speziell im Bereich des Pflanzenschutzes voraussichtlich dazu führen, dass das Wissen der landwirtschaftlichen Betriebe zum sachgerechten Umgang mit Pflanzenschutzmitteln abnehmen würde. In der Folge müsste damit gerechnet werden, dass vermehrt eine unsachgerechte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Rheinland-Pfalz erfolgt. Um dies zu kompensieren, müsste der Kontrollaufwand in erheblichem Umfang erhöht werden. Einher gingen höhere Personalkosten bei Kontrollbehörden, die möglicherweise die Mehreinnahmen übersteigen würden.
Aufgrund der Abwägung der Vor- und Nachteile spricht sich die Landesregierung für das kostenlose Angebot von Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz durch die DLR aus.

Entsprechend beabsichtigt das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW), bei der nächsten Überarbeitung den Gebührentatbestand unter lfd. Nr. 1.1.1.3.1 „Teilnahme an einer Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme“ im Bereich Pflanzenschutz aus der Landesverordnung über die Gebühren der landwirtschaftlichen Verwaltung (Besonderes Gebührenverzeichnis) zu streichen.

Zu Ziffer 3.2 c) i. V. m. Ziffer 3.1 a):
Die Landesverordnung über die Gebühren der landwirtschaftlichen Verwaltung (Besonderes Gebührenverzeichnis) wurde bereits zum Zeitpunkt der Prüfung durch den Rechnungshof im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau überarbeitet und zunächst mit Verordnung vom 3. Dezember 2019 (GVBl. S. 347) in geringerem Umfang geändert.

Nunmehr soll die Landesverordnung umfangreicher geändert werden. Dabei werden neue Gebührentatbestände eingeführt, einzelne Tatbestände gestrichen sowie zahlreiche Gebührentatbestände aktualisiert und an gestiegene Personal- und Sachkosten angepasst. Die vorgesehenen Änderungen betreffen verschiedene Bereiche (etwa Imkereiwesen, ökologischer Landbau, Weinbau, Pflanzenschutzdienst) und werden derzeit erarbeitet.

Zu Ziffer 3.2 c) i. V. m. Ziffer 3.1 b):
Die Regulierungskammer Rheinland-Pfalz wird künftig kostendeckende Gebühren vereinnahmen. Dabei werden die Personal- und Sachkosten – unter Berücksichtigung der aktuellen Personalkostenverrechnungssätze – kalkuliert und regelmäßig aktualisiert. Die konkrete Gebührenerhebung wird derzeit von der Regulierungskammer Rheinland-Pfalz überarbeitet und mit den Regulierungsbehörden anderer Bundesländer abgeglichen.

Sollte es notwendig sein, das Besondere Gebührenverzeichnis der Wirtschaftsverwaltung anzupassen, wird dies in die Wege geleitet.

Zu Ziffer 3.2 c) i. V. m. Ziffer 3.1 c):
Das MWVLW hat in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau die Bestandsaufnahme von in Frage kommenden Kriterien zur Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes bei der Gebührenfestsetzung abgeschlossen. Die Kriterien sind Zulassungszeitraum und Planungssicherheit, Fördermenge im Zulassungszeitraum, Grundlage für die Geltendmachung weiterer Rechte, Entlastung und Vereinfachung wiederkehrender Zulassungsverfahren sowie Anreiz zur zügigen Wiedernutzbarmachung von in Anspruch genommenen Bergbauflächen.

Für die jeweiligen Betriebsplanverfahren wird nun auf der Basis dieser Kriterien ein Faktor auf die Verwaltungskosten zur Berücksichtigung des Nutzens für den Kostenschuldner bestimmt. Zudem werden noch offene rechtliche Fragestellungen geklärt."

_________________________________________

Fußnoten:

1 Verordnung (EU) Nr. 702/2014 der Kommission vom 25. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Arten von Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
2 Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005.
3 Es sei darauf hingewiesen, dass obwohl sachkundige Personen nach § 9 Pflanzenschutzgesetz verpflichtet sind, lediglich alle drei Jahre eine anerkannte Fortbildung wahrzunehmen, viele der sachkundigen Personen in engeren zeitlichen Abständen an entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Dadurch bilden sich diese Landwirtinnen und Landwirte im Bereich des sachgerechten Umgangs mit Pflanzenschutzmitteln über die gesetzlichen Anforderungen des Pflanzenschutzgesetzes hinaus fort.
4 Es ist anzumerken, dass auch die Industrie und der Landhandel Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz anbieten. Diese Veranstaltungen sind teilweise kostenlos. Entsprechend stehen hier die DLR in unmittelbarer Konkurrenz zu der Privatwirtschaft.

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Ziffer 3.2 b:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, bei Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz die dafür vorgesehenen Gebühren zu erheben, merkt der Rechnungshof an:

Die Fortbildungen zur Erlangung des Sachkundenachweises sind gesetzlich vorgeschrieben. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ohne den erforderlichen Sachkundenachweis stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € geahndet werden kann. Schon aus diesem Grund müssen die Anwender von Pflanzenschutzmitteln selbst ein Interesse an diesen Fortbildungen haben. Maximal 25 € pro Fortbildung sind selbst wirtschaftlich Schwächeren zumutbar. Private Veranstalter bieten solche Fortbildungen zu deutlich höheren Entgelten an. Auch diese Veranstaltungen werden in Anspruch genommen. Würden die Gebührensätze des Landes entsprechend angepasst, dürften sogar Einnahmen von bis zu 300.000 € jährlich zu erwarten sein. Der Rechnungshof weist auch auf die Verpflichtung hin, für Leistungen des Landes kostendeckende Gebühren vorzusehen und Einnahmen rechtzeitig und vollständig zu erheben.

Unterlagen zu einer Untersuchung, dass Personalkosten für die angenommenen verstärkten Kontrollen der Sachkunde mögliche Gebühreneinnahmen sowie etwaige Bußgelder übersteigen, wurden dem Rechnungshof im Übrigen bislang nicht vorgelegt.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 17/12710 S. 8):

"Es wird zur Kenntnis genommen, dass die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum angewiesen wurden, keine Beratungsleistungen mehr zu erbringen, die vorwiegend im einzelbetrieblichen Interesse liegen.

Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) die Landesverordnung über die Gebühren der landwirtschaftlichen Verwaltung (Besonderes Gebührenverzeichnis) auch im Hinblick auf neue Gebührentatbestände überarbeitet wird und die Gebührensätze den gestiegenen Personal- und Sachkosten angepasst werden,

b) die Landesregierung die Vereinnahmung kostendeckender Gebühren durch die Regulierungskammer Rheinland-Pfalz zugesagt hat.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass eine Gebührenerhebung für die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz unter Berücksichtigung der Vorgaben des Landesgebührengesetzes sowie des § 34 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung geprüft wird,

b) über den Stand des Verfahrens zur Bemessung der Gebühren für bergrechtliche Entscheidungen des Landesamts für Geologie und Bergbau zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im August 2020 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 17/14372 S. 11):

"Zu Buchstabe a):
Die Landesregierung hat unter Beachtung der Vorgaben des Landesgebührengesetzes sowie des § 34 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung und dem Pflanzenschutzgesetz, hier insbesondere die §§ 4 und 59 eine Gebührenerhebung für die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz geprüft.

Ergebnis der Prüfung ist, dass die Landesregierung zukünftig auf eine Erhebung von Gebühren für die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz verzichten wird, um den Anforderungen des Pflanzenschutzgesetzes hinreichend Genüge zu tun und somit zur Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden beizutragen.

Entsprechend wird die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen zum Pflanzenschutz als Gebührentatbestand aus der Gebührenordnung der Landesregierung gestrichen.

Zu Buchstabe b):
Um eine einheitliche und nachvollziehbare Handhabung bei der Bemessung der Gebühren zu gewährleisten, wurden Bedeutungsfaktoren zur Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes und Nutzens für das Unternehmen differenziert nach Betriebsplanarten in einem „Leitfaden zur Bemessung des wirtschaftlichen Wertes von Verwaltungsleistungen“ der Bergbehörde festgelegt. Diese werden künftig mit dem Verwaltungsaufwand und den Auslagen des Landesamtes für Geologie und Bergbau multipliziert und ergeben die im Kostenbescheid in der Regel anzusetzende Gebühr. Im Anwendungsbereich dieses Leitfadens kann typischerweise davon ausgegangen werden, dass die auf eine Fördermenge oder Verwertungsmenge sowie auf die Laufzeit der Betriebsplanzulassung differenzierten Bedeutungsfaktoren den wirtschaftlichen Wert der Amtshandlung für die rohstoffgewinnende Industrie widerspiegeln. Die damit einhergehende Erhöhung der Gebühr führt zu angemessenen Gebührenwerten i. S. v. § 9 Landesgebührengesetz. Soweit die Besonderheiten des Einzelfalles es erfordern, kann von den sich aus diesem Leitfaden ergebenden Gebührenwerten abgewichen werden."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Angelegenheit im Rahmen des Entlastungsverfahrens für erledigt zu erklären (Drucksache 18/1075 S. 21).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2021 gefasst.