Jahresbericht 2022, Nr. 18 - Verwaltung der Drittmittel an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

- Drittmittelverfahren optimieren, Kosten konsequent verrechnen -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Die Universität meldete 2018 Drittmittel von 84,7 Mio. € zur Hochschulstatistik. Davon waren 4,4 Mio. € nicht als Drittmittel im Sinne der Hochschulstatistik zu klassifizieren.

Das Drittmittelanzeigeverfahren war risikobehaftet. Es stellte nicht sicher, dass vor der Begründung von Rechtsverpflichtungen alle notwendigen Prüfungen durchgeführt und deren Ergebnisse dokumentiert worden waren.

Eine angemessene Vollkostenkalkulation war lediglich in rund einem Drittel der geprüften wirtschaftlichen Projekte belegt. Geeignete Nachkalkulationen fehlten.

Die von der Universität berücksichtigten Stundensätze für das beamtete Personal lagen teilweise rund ein Drittel unter den Personalkostenverrechnungssätzen des Landesamts für Finanzen.

Die Kostenverrechnung war unvollständig. Für wirtschaftliche Projekte erhob die Universität von 2016 bis 2019 Gemeinkosten von insgesamt 1,5 Mio. €. Wären die Gemeinkosten konsequenter verrechnet worden, hätte dieser Betrag mindestens verdoppelt werden können.

Die Aussagekraft des Projektcontrollings war erheblich eingeschränkt, weil finanzielle Verpflichtungen durch Personaleinstellungen nicht als Festlegung im Buchhaltungssystem abgebildet wurden. Für die Budgetüberwachung wurden deshalb dezentral Nebenbuchhaltungen geführt.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) eine rechtskonforme Drittmittelstatistik sicherzustellen,

b) den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zur Drittmittelanzeige durch ein geeignetes Formular vorzugeben und das Ergebnis der Prüfungen vor Vertragsabschluss zu dokumentieren,

c) für die Verwaltung von Drittmittelprojekten eindeutige Vorgaben zu erlassen und die Vorteile der Digitalisierung stärker zu nutzen,

d) bei wirtschaftlichen Projekten die Kostendeckung durch Kalkulationen nachzuweisen bzw. zugrunde gelegte Marktpreise angemessen zu dokumentieren,

e) regelmäßig Nachkalkulationen zu erstellen,

f) bei der Berechnung der Stundensätze für das beamtete Personal Zuschläge für die Versorgungsleistungen zu berücksichtigen und die Jahresarbeitszeit an den Angaben des Landesamts für Finanzen zu orientieren,

g) auf eine vollständige und verursachungsgerechte Verrechnung der direkten Kosten sowie der Gemeinkosten des Projekts hinzuwirken und diese in der Finanzbuchhaltung transparent auszuweisen.

3.2 Folgende Forderungen sind nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert,

a) bei der Berechnung der Stundensätze für das beamtete Personal Zuschläge für Beihilfen anzusetzen,

b) ein Monitoring und eine jährliche Analyse der Kostenverrechnung umzusetzen,

c) ein wirksames Projektcontrolling unter Berücksichtigung aller eingegangenen Verpflichtungen im Buchhaltungssystem zu realisieren und auf Nebenbuchhaltungen zu verzichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/3200 S. 29):

"Zu Ziffer 3.2 a):
Über die Erklärung der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) hinaus, die Stundensätze um Anteile für Versorgungsleistungen zu ergänzen und die Berechnung im Vollkostenkalkulator entsprechend den Personalkostenverrechnungssätzen des Landesamtes für Finanzen zu überarbeiten, hat die JGU angekündigt, die Berechnung des Overheadsatzes im Jahr 2022 zu überarbeiten, wobei die Beihilfen im Zuge dessen direkt bei den Stundensätzen berücksichtigt und aus dem Overheadsatz herausgenommen würden.

Zu Ziffer 3.2 b):
Die JGU hat erklärt, sie werde in den kommenden Monaten eine Stellenvakanz im Bereich der Finanzberichterstattung besetzen, welche das geforderte Monitoring erstmals für das Jahr 2022 umsetzen werde.

Zu Ziffer 3.2 c):
Die JGU hat mitgeteilt, dass mit Blick auf die Größe und Heterogenität der Universität die Hochschulverwaltung in unterschiedlichen Bereichen arbeitsteilig von zentralen und dezentralen Einheiten wahrgenommen würde. Dies sei sachgerecht und habe sich über die Jahre bewährt. Selbst wenn man über die Unwägbarkeiten eines tiefergehenden Projektcontrollings hinwegsehen könnte, würde dies gemäß den vorliegenden Erfahrungswerten das dezentral etablierte und individuell zugeschnittene Projektcontrolling nicht ersetzen können."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Ziffer 3.2 c:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, ein wirksames Projektcontrolling unter Berücksichtigung aller eingegangenen Verpflichtungen im Buchhaltungssystem zu realisieren und auf Nebenbuchhaltungen zu verzichten, bemerkt der Rechnungshof:

Die zentrale Verwaltung ermittelt bereits im Vorfeld der Einstellung des Projektpersonals die daraus resultierenden finanziellen Verpflichtungen und prüft deren Deckung aus Projektmitteln. In diesem Zusammenhang sollte bei Einstellung des Projektpersonals zugleich eine entsprechende Festlegung im Buchhaltungssystem erfolgen. Den dezentralen Stellen in den Fachbereichen fehlen zum einen die einschlägigen tarifrechtlichen Kenntnisse, um die konkreten Belastungen zu bestimmen. Zum anderen könnte bei Abbildung aller Verpflichtun­gen im Buchhaltungssystem auf Nebenbuchhaltungen verzichtet werden.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/4302 S. 13):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die Universität zugesagt hat,

a) eine rechtskonforme Drittmittelstatistik sicherzustellen,

b) den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zur Drittmittelanzeige durch ein geeignetes For­mular vorzugeben und das Ergebnis der Prüfungen vor Vertragsabschluss zu dokumen­tieren,

c) für die Verwaltung von Drittmittelprojekten eindeutige Vorgaben zu erlassen und die Vor­teile der Digitalisierung stärker zu nutzen,

d) bei wirtschaftlichen Projekten die Kostendeckung durch Kalkulationen nachzuweisen bzw. zugrunde gelegte Marktpreise angemessen zu dokumentieren,

e) regelmäßig Nachkalkulationen zu erstellen,

f) bei der Berechnung der Stundensätze für das beamtete Personal Zuschläge für Beihilfen und Versorgungsleistungen zu berücksichtigen und die Jahresarbeitszeit an den Angaben des Landesamtes für Finanzen zu orientieren,

g) auf eine vollständige und verursachungsgerechte Verrechnung der direkten Kosten sowie der Gemeinkosten des Projekts hinzuwirken und diese in der Finanzbuchhaltung transpa­rent auszuweisen,

h) ein Monitoring und eine jährliche Analyse der Kostenverrechnung umzusetzen.

Die Landesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass die Universität im Sinne einer wirtschaftlichen Arbeitsweise sowie zur Gewährleistung eines wirksamen Projektcontrollings die Projektverantwortlichen durch die Aufnahme aller eingegangenen Verpflichtungen in das Buchhaltungssystem unterstützt, sodass in der Folge auf Nebenbuchhaltungen verzichtet wer­den kann."

Der Landtag hat diesen Beschluss im November 2022 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/5310 S. 14):

"Die Landesregierung hat darauf hingewirkt, dass die Universität im Sinne einer wirtschaftlichen Arbeitsweise sowie zur Gewährleistung eines wirksamen Projektcontrollings die Projektverantwortlichen durch die Aufnahme aller eingegangenen Verpflichtungen in das Buchhaltungssystem unterstützt, sodass in der Folge auf Nebenbuchhaltungen verzichtet werden kann. Der Aufforderung des Landtags ist somit entsprochen worden."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Den Äußerungen der Landesregierung ist nicht zu entnehmen, wie die Universität gewährleistet, dass ein wirksames Projektcontrolling durch die Aufnahme aller Verpflichtungen in das Buchhaltungssystem sichergestellt wird und infolge auf Nebenbuchhaltungen verzichtet werden kann.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Landesregierung aufzufordern, "über den Zeitraum, bis zu dem die Johannes Gutenberg-Universität ein wirksames Projektcontrolling durch Aufnahme aller Verpflichtungen in das zentrale Buchhaltungssystem gewährleisten soll", möglichst bald zu berichten (Drucksache 18/7526 S. 20).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 39):

"Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird sich an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau, die ebenfalls die Software der Firma MACH einsetzt, über die technischen Voraussetzungen zur Etablierung von Festlegungen bei Drittmittelbediensteten informieren und - sofern die notwendigen Systemanpassungen technischer Art sich in überschaubarem Umfang und in einem vertretbaren Kostenrahmen bewegen - in einer Testdatenbank die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Ziel ist es, dass bis zum Ende des ersten Halbjahres 2024 eine Entscheidung über die regelhafte Etablierung von Festlegungen bei der Finanzierung von Drittmittelpersonal getroffen werden kann.