Kommunalbericht 2021 - Zusammenfassende Darstellung

2 Unterbringung von Flüchtlingen durch Kommunen – hohe Kostenunterschiede, Leerstände und unzureichende Ersätze

Im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit für die Unterbringung von Flüchtlingen weiteten die kreisfreien Städte und Landkreise infolge der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 ihre Unterbringungskapazitäten erheblich aus.

Auf den in den Folgejahren stark verminderten Zuzug sowie den Auszug von Personen mit Bleiberecht in selbst gemieteten Wohnraum reagierten sie nur unzureichend. So wiesen von neun kreisfreien Städten betriebene Gemeinschaftsunterkünfte Ende 2019 Leerstände von etwa 25 % bis fast 70 % der Plätze auf. Angesichts der vielfach hohen Kosten der Gemeinschaftsunterkünfte, die sich im Maximum bei einer Stadt auf überschlägig 10 Mio. € jährlich beliefen, sollte eine Reduzierung der Leerstände durch vermehrte Schließung solcher Einrichtungen bzw. die Nutzung kostengünstigerer Unterbringungsmöglichkeiten angestrebt werden.

Die kommunalen Unterkünfte waren in der Spitze bis zu 60 % mit Personen belegt, zu deren Unterbringung die Kommunen nach Flüchtlingsrecht nicht mehr verpflichtet waren. Diese oft langfristige "Fehlbelegung" stützten die Kommunen auf die ordnungsrechtliche Verpflichtung zur Vermeidung von unfreiwilliger Obdachlosigkeit. Nach Ende der flüchtlingsrechtlichen Unterbringung sind die Betroffenen grundsätzlich zur eigenständigen Beschaffung von Wohnraum, ggf. unter Inanspruchnahme von Sozialleistungen, verpflichtet. Ein längerer Verbleib in Flüchtlingsunterkünften ist daher allenfalls in Ausnahmefällen gerechtfertigt.

Bei den vorwiegend von Städten betriebenen Gemeinschaftsunterkünften fielen erhebliche Kosten für Objektbetreuung und -überwachung sowie die soziale Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner an. Die Beträge reichten je Stadt von 300.000 € bis zu 3,0 Mio. € jährlich. Teilweise waren die Betreuungsschlüssel sowie der Einsatz von Aufsichtsdiensten deutlich zu hoch. So überschritten etwa die faktischen Personalschlüssel für die Sozialbetreuung bei zwei Städten die diesbezüglichen Festlegungen des Stadtrats bzw. eines Konzepts. Dadurch entstanden jährliche Mehrkosten von 550.000 € bzw. 250.000 €. Eine andere Stadt hätte durch Anpassung der Objektbetreuung und -überwachung an den Bedarf etwa 200.000 € jährlich einsparen können.

Bezogen nach Flüchtlingsrecht untergebrachte Personen selbst angemieteten Wohnraum, übernahmen die Kommunen die höheren Kosten, wenn diese sozialrechtlich angemessen waren. Hierzu waren sie nicht verpflichtet.

Von ordnungsrechtlich untergebrachten Bewohnerinnen und Bewohnern der Flüchtlingsunterkünfte erhoben die Kommunen regelmäßig Benutzungsgebühren. Hierfür fehlte es jedoch häufig an den erforderlichen Satzungen und Kalkulationen. Soweit letztere vorlagen, waren nicht alle gebührenfähigen Kosten (z. B. Abschreibungen, objektbezogene Verwaltungskosten sowie Aufwendungen für Instandhaltung und Wartung) einbezogen. Zudem verhinderte die zumeist platzbezogene Gebührenfestsetzung aufgrund vielfacher Leerstände die vollständige Refinanzierung von Kosten. Derartige Mängel führten im Einzelfall zu Einnahmeverlusten von weit über 1 Mio. € jährlich.

Der Umgang mit den Kosten des Strombezugs war in großem Umfang fehlerhaft. So wurden diese beispielsweise übernommen, ohne die Regelsätze der Bewohnerinnen und Bewohner um den diesbezüglichen Anteil zu kürzen. Dadurch kam es zu Doppelzahlungen. Bei der Erhebung von Benutzungsgebühren wurden hingegen Stromkosten teilweise nicht in tatsächlicher Höhe, sondern nur in Höhe des Regelsatzanteils berücksichtigt.

 

3 Mittagsverpflegung in Schulen – kommunale Aufgabe mit Verbesserungspotenzial

In Rheinland-Pfalz wird an zahlreichen Ganztagsschulen und Betreuenden Grundschulen Mittagsverpflegung angeboten. Für die Kosten müssen die kommunalen Schulträger aufkommen.

Die Eltern minderjähriger Schülerinnen und Schüler sowie volljährige Schülerinnen und Schüler können nach schulrechtlichen bzw. abgabenrechtlichen Regelungen an den Kosten beteiligt werden.

Prüfungen des Rechnungshofs bei 14 Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreisen haben u. a. gezeigt, dass die Schulträger ihren tatsächlichen finanziellen Aufwand für die Mittagsverpflegung vielfach nicht kannten. Das war insbesondere auf eine unzureichende Erfassung von verpflegungsbezogenen Aufwendungen und Erträgen im Rechnungswesen zurückzuführen. So entstanden beispielsweise bei einer Kommune, die vermeintlich Überschüsse von etwa 2.000 € jährlich bei der Mittagsverpflegung erwirtschaftete, Defizite von wenigstens 70.000 € jährlich.

Die Schulträger hatten ganz überwiegend ihre Entgelte, mit denen Eltern sowie Schülerinnen und Schüler an den Verpflegungskosten beteiligt werden, nicht kalkuliert. Eine Verpflichtung hierzu besteht bei Ganztagsschulen aufgrund des kommunalen Wirtschaftlichkeitsgebots; bei Betreuenden Grundschulen gelten die Kalkulationsanforderungen des Kommunalen Abgabengesetzes.

Von 92 in die Prüfung einbezogenen Schulen erhielten 86 die Verpflegung von Dritten (Catering). Die erhobenen Entgelte, zwischen 3 € und 5,50 € je Mahlzeit, reichten bei 56 Schulen nicht aus, um die in Rechnung gestellten Kosten der Caterer zu decken. Zusammen mit weiteren Kosten, zum Beispiel für Ausgabepersonal oder für Reinigungsleistungen, verblieben somit vielfach Deckungslücken, die aus allgemeinen Haushaltsmitteln oder durch Liquiditätskredite finanziert wurden. Das war u. a. darauf zurückzuführen, dass sich Schulträger bei der Festsetzung der Entgelte häufig an den Sachbezugswerten für Mittagsverpflegung nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung orientierten (zum Beispiel 3,40 € je Mahlzeit im Jahr 2020).

Nach dem Schulgesetz dürfen Eltern sowie Schülerinnen und Schüler an den Kosten der Mittagsverpflegung an Ganztagsschulen nur beteiligt werden. Auch wenn dies eine Vollkostendeckung ausschließt, können sich die Entgelte dieser annähern, soweit das gesetzliche Erfordernis der sozialen Angemessenheit gewahrt bleibt. Demnach besteht grundsätzlich keine Verpflichtung, Entgelte lediglich in Höhe der Sachbezugswerte zu erheben, wenn die tatsächlichen Kosten deutlich darüber liegen.

Nach bundesweiten Studien zur Schulverpflegung entstehen den Schulträgern für die Anlieferung sog. Warmverpflegung durch Caterer – eine übliche Form der Verpflegung – Kosten von mehr als 5 € je Mahlzeit. Auch im Hinblick auf häusliche Ersparnisse sind Entgelte, die sich diesem Kostenwert nähern, als sozial angemessen zu erachten, zumal Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen der sozialen Mindestsicherung mittlerweile von einem Eigenanteil an den Verpflegungskosten vollständig befreit sind und im Fall geringer Einkommen lediglich ein Eigenanteil von 1 € aufgrund landesrechtlicher Förderung anfällt.

Entgelte für die Verpflegung an Betreuenden Grundschulen unterliegen nicht den für Ganztagsschulen geltenden schulrechtlichen Restriktionen. Hier können daher grundsätzlich Entgelte verlangt werden, die sämtliche Kosten der Kommunen für die Verpflegung decken. Im Übrigen gelten auch hier die zuvor dargestellten Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen.

Weitere Feststellungen betrafen u. a. den unwirtschaftlichen Einsatz von eigenem Küchenpersonal, organisatorische Verbesserungen bei der Abrechnung der Verpflegungsentgelte, Mängel in der Kassensicherheit sowie noch nicht genutzte Möglichkeiten, durch Bündelung des Verpflegungsbedarfs mehrerer Schulen in Ausschreibungen Preisvorteile zu erzielen. Zudem hatte eine Stadt seit vielen Jahren für einen Teil der Schülerinnen und Schüler auf die Entgelterhebung verzichtet.

 

4 Kommunale Geldanlagen bei der Greensill Bank AG – nicht ausreichend sicher und teilweise mit Liquiditätskrediten finanziert

Von der Insolvenz der Greensill Bank AG im März 2021 waren kurzfristig angelegte Liquiditätsüberschüsse von drei rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden im Umfang von 9,75 Mio. € betroffen. Bei den Anlageentscheidungen war der Rechtsgrundsatz „Sicherheit vor Ertrag“ nicht ausreichend beachtet worden.

Anders als andere Länder schreibt Rheinland-Pfalz seinen Gemeinden nicht den Erlass von Anlagerichtlinien vor. Bei allen betroffenen Kommunen gab es keine von zuständigen Gremien beschlossenen Anlagerichtlinien zur Konkretisierung der gesetzlichen Sicherheitsanforderungen. Dies blieb im Einzelfall der Behördenleitung bzw. von dieser ermächtigten Gemeindebediensteten überlassen.

Kommunale Anlagen bei der Greensill Bank AG waren weder gesetzlich noch anderweitig gegen Zahlungsausfall gesichert. Die Kommunen ließen sich bei den Anlageentscheidungen vorrangig davon leiten, Zinserträge zu erzielen oder Verwahrentgelte zu vermeiden. Nach den ihnen vorliegenden Maklerangeboten ermöglichte dies im jeweiligen Anlagezeitpunkt für den gewünschten Anlagezeitraum im Wesentlichen nur das Angebot der Greensill Bank AG.

Ungesicherte Anlagen zu marktunüblichen Konditionen indizieren deutlich erhöhte Risiken. Daher gelten für anlagewillige Kommunen in solchen Fällen verschärfte Sorgfaltspflichten betreffend Beschaffung und Bewertung von sicherheitsrelevanten Informationen. Diesen Pflichten genügt allein die Einholung von Angeboten bei Finanzmaklern nicht, zumal wenn diese ihre Provision von den Banken erhalten.

Bei gebotener Erfüllung der Sorgfaltspflichten hätten sich für die Verbandsgemeinden im jeweiligen Anlagezeitpunkt durch bloße Internetrecherchen Erkenntnisse zum Geschäftsfeld sowie zur Geschäfts- und Ratingentwicklung der Greensill Bank AG und über die ratende Agentur ergeben, die Zweifel an der hinreichenden Sicherheit der Anlagen hätten begründen müssen.

Teilweise hatten die Verbandsgemeinden ihre gesamte überschüssige Liquidität ausschließlich bei der Greensill Bank AG angelegt. Eine Sicherung des Gesamtanlageportfolios durch angemessene Streuung war unterblieben.

In zwei Fällen legten die Kommunen Liquiditätsüberschüsse an und nahmen zugleich Liquiditätskredite, deren Zinsbindungsfrist auslief, neu auf. Nach dem Gesetz ist letzteres aber nur zulässig, soweit keine anderen Mittel zur Verfügung stehen.

 

5 Ortsbezirke in kreisfreien Städten – Wirtschaftlichkeit der Organisationsstrukturen nicht immer gewährleistet

Die kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz haben mit Ausnahme der Stadt Speyer ihr Gebiet oder Teile davon in Ortsbezirke untergliedert. Je nach Stadt bestanden zwischen vier und 19, insgesamt 107 Ortsbezirke. Diese wirken durch ihre Organe – Ortsbeirat und Ortsvorsteher – an der kommunalen Willensbildung mit und bringen dabei ihre gebietsspezifischen Belange und Interessen ein.

Überwiegend resultierten die Ortsbezirke aus Eingemeindungen in den Jahren 1969 bis 1974 (Verwaltungsreform) oder schon deutlich davor. Nicht in allen Fällen verfügten die Ortsbezirke noch über eine siedlungsstrukturelle Eigenständigkeit, die eine Vertretung zusätzlich zum Stadtrat rechtfertigen konnte. Nach der Rechtsprechung sind lediglich für im Zuge der Verwaltungsreform gebildete Ortsbezirke Bestandsschutzerwägungen vor einer Auflösung anzustellen. Exemplarisch war bei zwei kreisfreien Städten überschlägig eine Halbierung der Zahl der Ortsbezirke möglich; damit würden Aufwandminderungen zwischen 85.000 € und 158.000 € jährlich einhergehen.

In insgesamt mehr als der Hälfte der Ortsbezirke hatten die Ortsbeiräte 13 oder 15 Mitglieder, wodurch der gesetzliche Rahmen der Mitgliederzahl – drei bis 15 – nahezu oder vollständig ausgeschöpft wurde. Dies galt zum Teil schon für Ortsbezirke mit weniger als 1.500 Einwohnern. Sachliche Gründe waren hierfür nicht erkennbar.

Die den Ortsvorstehern gewährte Aufwandsentschädigung war in einigen Fällen überprüfungsbedürftig, insbesondere dann, wenn sie gegenüber Städten mit vergleichbaren Strukturen deutlich höher ausfiel.

Die Zuweisung von Haushaltsmitteln an die Organe des Ortsbezirks sowie die Ausstattung mit Büropersonal folgte nicht immer Wirtschaftlichkeitserwägungen.

 

6 Erhaltungsmanagement von Gemeindestraßennetzen – Fortschreibung von Untersuchungsergebnissen offenbart Licht und Schatten

Der Rechnungshof hatte auf der Basis einer landesweiten Umfrage bei den hauptamtlich geführten Gemeinden das kommunale Straßenerhaltungsmanagement untersucht und anhand eines sog. Pavement-Management-Indexes (PMI) bewertet (vgl. Kommunalbericht 2020 Nr. 6). Die Bewertung hatte für die 175 teilnehmenden Gemeinden gravierende Mängel ergeben.

14 Gemeinden kamen erst nachträglich ihren gesetzlichen Auskunftspflichten gegenüber dem Rechnungshof nach. Die Bewertung ihrer Auskünfte anhand des PMI ergab, dass ihre Durchschnittswerte noch deutlich unterhalb derjenigen lagen, die die betreffende Gebietskörperschaftsgruppe bei der landesweiten Umfrage erzielt hatte. Dies ging einher mit einer weit unterdurchschnittlichen Ausstattung an Straßenbauingenieuren.

27 Gemeinden, die an der landesweiten Umfrage teilgenommen hatten, ließen infolge des Bewertungsergebnisses eingeleitete Verbesserungsmaßnahmen vom Rechnungshof evaluieren. Bei 24 von ihnen waren – teils deutliche – Verbesserungen des Straßenerhaltungsmanagements feststellbar.

Die landesweiten Untersuchungsergebnisse wurden unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse fortgeschrieben. Daraus ergaben sich Verbesserungen der PMI-Durchschnittswerte bei allen betroffenen Gebietskörperschaftsgruppen. Allerdings bestehen insbesondere bei den Ortsgemeinden weiterhin erhebliche Defizite beim Straßenerhaltungsmanagement. Optimierungsbedürftige Handlungsfelder zeigen sich hier weiterhin z. B. im Bereich der Aufbau- und Zustandsdaten, hinsichtlich des Aufgrabungsmanagements sowie in einem wirtschaftlicheren Maßnahmen-Mix aus oberflächen- und substanzverbessernden Erhaltungsmaßnahmen. Auch hinsichtlich der Daten zur Vulnerabilität der Gemeindestraßennetze bei Extremwetterereignissen besteht noch Handlungsbedarf.