Jahresbericht 2022, Nr. 15 - Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz

- Personalbedarfsermittlungen fehlen, Rechnungswesen nicht transparent, Haushaltsführung verbesserungsbedürftig -

Wesentliches Ergebnis der Prüfung

Bei der wissenschaftlichen Bibliothek zog das Landesbibliothekszentrum aus zurückgehenden Besucher- und Ausleihzahlen sowie dem Einsatz von Selbstverbuchungsterminals keine Konsequenzen für den Personalbedarf.

Der Aufgabenumfang der Büchereistelle mit den Standorten Koblenz und Neustadt an der Weinstraße hatte sich reduziert, ohne dass das eingesetzte Personal entsprechend vermindert worden war.

Das Landesbibliothekszentrum führte neben dem kameralen Rechnungswesen eine nach der Reichshaushaltsordnung genehmigte kaufmännische Betriebsrechnung fort. Eine Rechtsgrundlage dafür fehlte. Zum 31. Dezember 2019 hatte das Landesbibliothekszentrum in der Betriebsrechnung ein Eigenkapital von mehr als 400.000 € ausgewiesen. Aus der Haushaltsrechnung des Landes war das nicht erkennbar.

Die Haushaltsführung war verbesserungsbedürftig. Haushaltsrechtliche Vorgaben wie das Bruttoprinzip, das Vier-Augen-Prinzip oder die Zweckbindung von Ausgaben wurden nicht immer beachtet.

Gebotene Ausschreibungen insbesondere für Dienstleistungen im Zuge des Strategieprozesses waren unterblieben.
Für die Einführung eines landesweiten Informations- und Lernportals unter Federführung des Landesbibliothekszentrums fehlte eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.

Forderungen des Rechnungshofs · Stellungnahmen der Landesregierung · Parlamentarische Behandlung

(Teilziffer 3 des Jahresberichtsbeitrags)

3.1 Zu den nachstehenden Forderungen wurden die gebotenen Folgerungen bereits gezogen oder eingeleitet:

Der Rechnungshof hatte gefordert,

a) den Personalbedarf insbesondere für die wissenschaftliche Bibliothek zu ermitteln und dabei auch die Auswirkungen der rückläufigen Ausleihzahlen und des Einsatzes von Selbstverbuchungsterminals auf die Öffnungszeiten einzubeziehen,

b) die Personalausstattung der Büchereistelle an deren reduzierten Aufgabenumfang anzupassen,

c) den Materialverkauf in der Büchereistelle einzustellen,

d) die gesonderte Betriebsrechnung der Büchereistelle einzustellen und die Geschäftsvorfälle in der kameralen Haushaltsführung abzubilden,

e) die Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgaben, wie Bruttoprinzip, Vier-Augen-Prinzip und der Zweckbindung von Ausgaben sicherzustellen,

f) das Vergaberecht zu beachten, erforderliche Ausschreibungen vorzunehmen und die Vergabe-Entscheidungen zu dokumentieren,

g) eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für das Projekt „Informations- und Lernportal“ durchzuführen.

3.2 Folgende Forderung ist nicht erledigt:

Der Rechnungshof hat gefordert, über die Ergebnisse der eingeleiteten Maßnahmen und Untersuchungen zu 3.1 Buchstaben a) bis d) und g) zu berichten.

Die Landesregierung hat für das Entlastungsverfahren zu dem Beitrag folgende Stellungnahme abgegeben (Drucksache 18/3200 S. 23):

"Die bemängelten formalen Punkte im Bereich der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz (LBZ) hat dieses in Abstimmung mit dem Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) bereits aufgenommen und befinden sich in der Umsetzung.

Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 b):
Die Ergebnisse über die Bemessung der Personalausstattung des LBZ lassen im verwendeten Berechnungsmodell eine Vielzahl gesetzlicher Aufgaben unberücksichtigt. Dabei handelt es sich um:

  • Sammlung, Erschließung und Bewahrung der gedruckten und elektronischen Pflichtexemplare,
  • Erstellung der Landesbibliographie (Rheinland-Pfälzische Bibliographie) und
  • sachgerechte Aufbewahrung und Erschließung von historisch und kulturell bedeutsamen Beständen sowie deren Schutz durch geeignete Maßnahmen der Konservierung, Restaurierung und Digitalisierung.

Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 d):
Die sogenannte „Betriebsrechnung“ wird zum 31. Dezember 2022 eingestellt. Die damit verbundenen Aufgaben und Buchungsverpflichtungen werden vollständig in den Landeshaushalt überführt.

Zu Ziffer 3.2 i. V. m. Ziffer 3.1 g):
Für die Einführung des integrierten Informations- und Lernportals ist eine erste Wirtschaftlichkeitsuntersuchung erstellt. Diese liegt dem MFFKI inzwischen vor."

Der Rechnungshof nimmt bei Bedarf zum Bericht der Landesregierung Stellung.

Zu Ziffer 3.1 b:

Zur Stellungnahme der Landesregierung zur Forderung, die Personalausstattung der Büchereistelle an deren reduzierten Aufgabenumfang anzupassen, merkt der Rechnungshof an:

Die Modellrechnungen des Rechnungshofs haben nicht den Anspruch, die konkrete Personalbemessung zu ersetzen. Sie beruhen auf den vom LBZ angeführten Daten der Deutschen Bibliotheksstatistik und den weiteren, im Prüfverfahren vom LBZ gemachten Angaben sowie anerkannten Zeitwerten des wissen­schaftlichen Bibliothekswesens.Die nunmehr von der Landes­regierung vorgelegten Daten lagen im Rahmen der Prüfung nicht vor. Sie sollten gegebenenfalls in die gebotene, konkrete Perso­nalbedarfsermittlung einfließen.

Für die Frage nach den Auswirkungen des Nutzungsrückgangs und der Einführung der Selbstverbuchungsterminals sind sie aller­dings irrelevant. Die von der Landesregierung genannten gesetz­lichen Aufgaben bestanden schon vor diesen Veränderungen.

Auf die Auswirkungen des Nutzungsrückgangs und der Einführung der Selbstverbuchungsterminals ist die Landesregierung nicht ein­gegangen.

Das LBZ hatte bereits 2014 zu Personalbedarfsermittlungen angesetzt. Entgegen der Ankündigung des damaligen Ministeri­ums für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur im Jahr 2017 wur­den sie nur in Teilbereichen zum Abschluss gebracht. Die Einbe­ziehung aller Abteilungen in die Bedarfsanalysen unterblieb.

Für die wissenschaftliche Bibliothek sollten die Personalbedarfs­ermittlungen auf Basis der aktuellen Fallzahlen und Zeitwerte unter Berücksichtigung des Optimierungspotenzials durch die Selbstverbuchungsterminals wieder aufgenommen werden.

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vor­schlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag folgenden Beschluss empfohlen (Drucksache 18/4302 S. 11):

"Es wird zustimmend zur Kenntnis genommen, dass

a) beabsichtigt ist, die Betriebsrechnung zum Jahresende 2022 einzustellen sowie die Auf­gaben und Buchungsverpflichtungen vollständig in den Landeshaushalt zu überführen,

b) mit der Beseitigung der formalen Mängel im Bereich der Haushalts- und Wirtschaftsfüh­rung bereits begonnen wurde und

c) künftig die Vergabeverfahren rechtskonform durchgeführt und dokumentiert werden.

Die Landesregierung wird aufgefordert,

a) darauf hinzuwirken, dass der Personalbedarf für die wissenschaftliche Bibliothek auf der Basis aktueller Fallzahlen und Zeitwerte ermittelt wird und entbehrliche Stellen abgebaut werden,

b) über die Ergebnisse der Untersuchungen in der Büchereistelle und die Auswirkungen auf den Personalbedarf zu berichten,

c) über die Auswirkungen der Einstellung der Betriebsrechnung auf den Personalbedarf des Landesbibliothekszentrums zu berichten,

d) über die finanziellen Ergebnisse der Überführung der Guthaben aus der Betriebsrechnung in den Landeshaushalt zu berichten,

e) über das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und die auf dieser Basis geplanten weiteren Maßnahmen zur Einführung des Informations- und Lernportals zu berichten."

Der Landtag hat diesen Beschluss im November 2022 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/5310 S. 12):

"Zu Buchstabe a):

Das Landesbibliothekszentrum wird für den Bereich der wissenschaftlichen Bibliotheken alle relevanten Geschäftsprozesse insbesondere unter Beachtung der gesetzlichen Aufgaben nebst den maßgeblichen Fallzahlen ermitteln und beschreiben. Die dazugehörenden durchschnittlichen Bearbeitungszeiten werden unter Beachtung der aufgabenspezifischen Ablauforganisation erhoben und als Basis der Personalbedarfsbemessung zugrunde gelegt. Über die Ergebnisse wird berichtet.

Zu Buchstabe b):

Das Landesbibliothekszentrum hat mit den Untersuchungen in der Landesbüchereistelle begonnen und die Landesregierung wird nach deren Abschluss darüber berichten.

Zu Buchstabe c):

Das Landesbibliothekszentrum wird ab dem Haushalt 2023 die Betriebsrechnung einstellen, die Geschäftsvorfälle über den Landeshaushalt abbilden und sobald die Auswirkungen auf den Personalbedarf ermittelt wurden, wird die Landesregierung hierüber berichten.

Zu Buchstabe d):

Die Guthaben aus der Betriebsrechnung werden 2023 unmittelbar in den Landeshaushalt (Kapitel 07 55 - TGr. 74) überführt. Über die finanziellen Ergebnisse wird berichtet.

Zu Buchstabe e):

Aufgrund der ersten vorliegenden – durch das Landesbibliothekszentrum erstellten – Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat die Landesregierung eine externe Expertise in Auftrag gegeben. Sie wird über das Ergebnis und die geplanten weiteren Maßnahmen berichten."

Der Haushalts- und Finanzausschuss hat auf der Grundlage des Vorschlags der Rechnungsprüfungskommission dem Landtag empfohlen, die Landesregierung aufzufordern, "über

– die Ergebnisse der Untersuchungen zum Personalbedarf der wissenschaftlichen Bibliothek,

– die Auswirkungen der Einstellung der Betriebsrechnung in den Büchereistellen auf den Personalbedarf und die finanziellen Ergebnisse sowie

– das Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Einführung eines integrierten Informations- und Lernportals und die auf dieser Basis geplanten weiteren Maßnahmen"

möglichst bald zu berichten (Drucksache 18/7526 S. 20).

Der Landtag hat diesen Beschluss im September 2023 gefasst.

Die Landesregierung hat dem Landtag wie folgt berichtet (Drucksache 18/8603 S. 38):

"Zum ersten Spiegelstrich:
Die Ergebnisse über die Bemessung der Personalausstattung des Landesbibliothekszentrums (LBZ) lassen im verwendeten Berechnungsmodell eine Vielzahl gesetzlicher Aufgaben unberücksichtigt. Dabei handelt es sich um:
- Sammlung, Erschließung und Bewahrung der gedruckten und elektronischen Pflichtexemplare
- Erstellung und bibliothekarisch-fachlicher Betrieb der Landesbibliographie (Rheinland-Pfälzische Bibliographie)
- sachgerechte Aufbewahrung und Erschließung von historisch und kulturell bedeutsamen Beständen sowie deren Schutz durch geeignete Maßnahmen der Konservierung,
Restaurierung und Digitalisierung.

Das LBZ hat die o. a. Aufgaben in die Berechnungsmethodik des Rechnungshofs aufgenommen und ergänzt. Ein Personalüberhang ist unter Beachtung aller gesetzlichen Aufgaben nicht gegeben.

Zum zweiten Spiegelstrich:
Die Betriebsrechnung ist eingestellt. Das verbleibende Buchungsverfahren ist auf die kamerale Wirtschaftsführung umgestellt und wird über IRM@ abgewickelt. Im Jahr 2023 waren dennoch Arbeiten für Umbuchungen und Kontenbereinigungen zur endgültigen Aufhebung der Betriebsrechnung notwendig. Eine endgültige Aussage zum bereinigten Personalbedarf erfolgt in 2024.

Zum dritten Spiegelstrich:
Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat ergeben, dass grundsätzlich die Einführung eines Bibliotheksportals sinnvoll und wirtschaftlich erscheint. Die Untersuchung hat einige Fragen aufgeworfen, die aktuell noch nicht alle abschließend geklärt werden konnten. Es ist beabsichtigt, das Bibliotheksportal für den nächsten Doppelhaushalt anzumelden und mit einer Pilotphase zu beginnen."